Dunkle, kalte Tage

Zunächst mag es anders scheinen. Doch das Lied, über das ich hier schreibe, ist ein Lied voller Trost. Obwohl es einen zunächst frösteln lässt, wenn von dunklen, kalten Tagen die Rede ist.

„An dunklen, kalten Tagen“ heißt das Lied, das ich meine. Der tiefsinnige, anrührende Text stammt von Claus Clausen. Die Melodie von Christoph Georgi. Zu finden ist das Lied im badischen Anhang zum Gesangbuch „Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder“ unter der Nr. 107.

Clausen beschreibt im Grunde, wie es ihm an dunklen, kalten Tage so ergeht. Ich finde mich in seinen Fragen wieder.

„Was wird morgen sein?“

„Wer weiß, was kommen mag?“

Auch seine Beobachtungen kommen mir bekannt vor. Dass auch ich „in atemloser Hast“ meinen hausgemachten Ansprüchen an das Christfest oder an das Leben überhaupt hinterherlaufe. Als eine Getriebene meiner selbst. Dass ich mich nach Versöhnung und Frieden sehne und beides mir so selten gelingt.

Und dann besinge ich im Lied, dass Gott kommt. Ankommt in dieser Welt. In jeder Strophe singe ich davon neu. Wie ein Merksatz, den ich nicht vergessen darf: Gott kommt! Er kommt in dieser Welt an. Bei mir und bei dir. Ob er auch in dieser Welt ankommt? Ob die Menschen in dieser kriegsgeplagten Welt für ihn offen sind und bereit?

Ich jedenfalls spüre, wie mir die Hoffnungsbilder, die in den Liedzeilen entwickelt werden, guttun. Wie sie mich trösten.

Gott kommt. Als Immanuel. Das heißt: Gott mit uns. Gott lässt mich nicht allein in meinen Nöten. Sein Licht bricht sich Bahn, verdrängt die Angst und schenkt mir einen neuen Tag wie diesen heute.

Gott kommt. Er kommt mir entgegen. Hat Gutes und Segen, Ruhe für die Seele und Frieden im Gepäck. Und Hoffnung. So singe ich.

Wie er ankommt? In einem Kind, das geboren wird. In Bethlehem. Im jüdischen Land. Jesus mit Namen. Unser Gotthilf.

Dieses Kind ist Gottes Geschenk an dich und mich. Doch damit nicht genug! Es bringt auch noch selbst Geschenke mit. Sie heißen Hoffnung und Zukunft. Von beidem lebe ich. Und nur das Kind ist imstande, mir beides mitzugeben. Damit mir warm ums Herz wird. An dunklen, kalten Tagen. Und an den anderen Tagen auch.

Dafür lobe ich Gott und singe so laut (und so richtig) wie ich kann in der sechsten Strophe diese letzten Worte: „Was Gott tut, das ist wohlgetan.“

In diesem Sinne wünsche ich ein dir und mir wohltuendes Fest der Ankunft Gottes!

Andrea Knauber, Pfarrerin Evang. Christusgemeinde Unter- und Obergrombach/Bruchsal

 

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ – dieses Lied mit seiner leichten, eingängigen Melodie gehört fest zur Adventszeit. Den Text schrieb Georg Weissel, ein Pfarrer aus Königsberg, vor mehr als 400 Jahren zur Einweihung einer Kirche. Den feierlichen Einzug mit „Macht hoch die Tür“ kann ich mir lebhaft vorstellen.

Weissel greift dazu einen Satz aus dem 24. Psalm auf: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!“ Der Tempel in Jerusalem wurde eingeweiht und Gott, „der König der Ehre“, sollte darin wohnen.

Von den Türen der Welt geht es im Dreivierteltakt weiter zu den Toren der Stadt: „O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat“. Dieser König bringt „Heil und Leben“, „Freud und Wonn“, Barmherzigkeit und Gnade. Was er im Gepäck hat, ist offensichtlich starkes Gegenmittel zu Angst, Hass, Misstrauen und Unmenschlichkeit.

Noch einmal nimmt Weissel anschließend das biblische Bild vom Tempel auf: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; eur´ Herz zum Tempel zubereit‘.“ „Der König der Ehre“ soll nicht nur äußerlich in Tempel, Kirche, Land und Stadt wohnen, sondern in den Herzen der Menschen.

Es entspricht nun nicht der Art des Königs im Lied, ungefragt irgendwo einzuziehen. Er kommt nur, wenn man ihm öffnet. So endet „Macht hoch die Tür“ mit einem kleinen Gebet fürs eigene Herz:

Komm, o mein Heiland Jesu Christ.
Mein´s Herzens Tür dir offen ist
Ach zieh mit deiner Gnade ein
Dein Freundlichkeit auch uns erschein
Dein Heilger Geist uns führ und leit
Den Weg zur ewgen Seligkeit
Dem Namen dein, o Herr
sei ewig Preis und Ehr.

 Martina Schäufele

 

 

23. Juli 2020 

Meer, Strand und Sonne – so sieht für viele der perfekte Urlaub aus. Ein weites türkisfarbenes Meer, weiße Sandstrände und heiße Sonne wird es für die meisten in diesem Sommer nicht geben: Corona macht einen Strich durch die Urlaubsplanung. Aber: Auch die Ost- und Nordsee sind sehr schön! – wenn auch etwas rauer und windiger als die Südsee.

Wer schon einmal einen Tag am Meer bei starkem Wind erlebt hat, der weiß, wie aufgewühlt das Meer sein kann und kann sich gut vorstellen, wie schwierig es dabei für Kapitäne und Schiffer gewesen sein muss (oder ist), den Kurs zu halten. Erst recht nachts, wenn das Schwarz der Nacht in das Schwarz des Meeres übergeht. Wie wichtig waren (und sind) da Leuchttürme, die in der Dunkelheit leuchten und die Orientierung bieten!

Orientierung und Licht im Leben von uns Christinnen und Christen bietet Jesus. Er sagte einmal: „Ich bin das Licht dieser Welt. Wer mir folgt, tappt nicht mehr im Dunkeln. Er wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12 Übersetzung der Basisbibel)

Wie ein Leuchtturm führt er uns durch das aufgewühlte Meer des Lebens:

Englisches Original:

In my wrestling and in my doubts
In my failures You won't walk out
Your great love will lead me through
You are the peace in my troubled sea
You are the peace in my troubled sea

In the silence, You won't let go
In the questions, Your truth will hold
Your great love will lead me through
You are the peace in my troubled sea
You are the peace in my troubled sea

My lighthouse, my lighthouse
Shining in the darkness, I will follow You
My Lighthouse, my Lighthouse
I will trust the promise
You will carry me safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore

I won't fear what tomorrow brings
With each morning I'll rise and sing
My God's love will lead me through
You are the peace in my troubled sea
You are the peace in my troubled sea...

You are my light
My lighthouse, my lighthouse
Shining in the darkness, I will follow You
My lighthouse, my lighthouse
I will trust the promise
You will carry me safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore...

Fire before us, You're the brightest
You will lead us through the storms
Fire before us, You're the brightest
You will lead us through the storms

Fire before us, You're the brightest
You will lead us through the storms
Fire before us, You're the brightest
You will lead us through the storms

My lighthouse, my lighthouse
Shining in the darkness, I will follow You
My lighthouse, my lighthouse
I will trust the promise
You will carry me safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore...
Safe to shore

Writer(s): Gilkeson Gareth Andrew,
Llewellyn Christopher Dean Lyrics
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Deutsche Übersetzung:

In meinen Kämpfen und meinen Zweifeln
in meinen Misserfolgen wirst du mich nicht verlassen,
deine großartige Liebe wird mich hindurch führen.
Du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer,
du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer.

In der Stille du wirst mich nicht loslassen,
in den Fragen wird deine Wahrheit mich halten.
Deine großartige Liebe wird mich hindurch führen.
Du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer,
du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer.

Mein Leuchtturm, mein Leuchtturm
scheint in der Dunkelheit, ich will dir folgen.
Mein Leuchtturm, mein Leuchtturm,
ich vertraue deinem Versprechen,
du wirst mich sicher an Land bringen,
sicher an Land,
sicher an Land,
sicher an Land.

Ich fürchte mich nicht davor, was morgen kommt,
mit jedem Morgen stehe ich auf und singe:
Die Liebe meines Gottes wird mich führen.
Du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer,
du bist der Frieden in meinem aufgewühltem Meer.

Dein Licht vor uns, du bist das Hellste,
Du wirst uns durch die Stürme führen.
Dein Licht vor uns, du bist das Hellste,
Du wirst uns durch die Stürme führen.
Dein Licht vor uns, du bist das Hellste,
Du wirst uns durch die Stürme führen.
Dein Licht vor uns, du bist das Hellste,
Du wirst uns durch die Stürme führen.

Mein Leuchtturm, mein Leuchtturm
scheint in der Dunkelheit, ich will dir folgen.
Mein Leuchtturm, mein Leuchtturm,
ich vertraue deinem Versprechen,
du wirst mich sicher an Land bringen,
sicher an Land,
sicher an Land,
sicher an Land

 

 

Carmen Debatin
Gemeindediakonin der Luthergemeinde Bruchsal

Im Jahr 2020, als wir die Kar- und Ostertage im Lockdown verbrachten, haben verschiedene Menschen aus den christlichen Gemeinden Bruchsals beschlossen, mit einem „Lied der Woche“ einen Impuls zu setzen, um in Gemeinschaft über ein bekanntes Lied nachzudenken, das verbindet. Dazu gab es jeweils auch das youtube-Video und den Liedtext, aber diese sind häufig urheberrechtlich geschützt und mussten daher von der Homepage entfernt werden. Nun finden sich nur noch Links zu den entsprechenden Seiten.

Dennoch wollen wir die Texte auf der Homepage lassen, als Erinnerung an diese Zeit, in der das Feiern der Gottesdienste fehlte.

In der diesjährigen Adventszeit wollen wir die Aktion wieder aufleben lassen und für jede Woche ein Lied vorstellen.

Bruchsal im November 2025, Marieluise Gallinat-Schneider

25. Juni 2020

Es ist ein Lied, das für meine Generation zu den kirchlichen Hits gehörte. Als Kind und Jugendliche habe ich es geliebt: „Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer, / wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus. / Frei sind wir, da zu wohnen und zu gehen. / Frei sind wir, ja zu sagen oder nein.“ Bis heute wird dieses Lied gerne bei  Trauungen gewünscht. Weil es die Liebe besingt. Oder besser: Gott, der die Liebe ist. Bis heute stimme ich gerne bei Trauungen mit den Brautpaaren in dieses Lied ein. Manchmal auch mit Trauernden bei einer Bestattungsfeier. Was mich aber immer schon hat stolpern lassen war diese Zeile in der vierten Strophe. Dort wird mir Gott als Richter vorgestellt, der mir Freiheit zuspricht. „Herr, du bist Richter! Du nur kannst befreien, / wenn du uns freisprichst, dann ist Freiheit da. / Freiheit, sie gilt für Menschen, Völker, Rassen, / so weit, wie deine Liebe uns ergreift.“

Nun weiß ich aus Beschäftigung mit der Geschichte der nationalsozialistischen Diktatur in unserem Land, dass die „Rasse“ und die in der „Rassenlehre“ zusammengefassten Ausführungen und Folgerungen eine Erfindung der Nationalsozialisten sind. Nach dem Ende dieser Schreckensherrschaft hat sich die Idee von Menschen, die man in „Rassen“ unterteilen kann, noch lange gehalten. Das im Jahr 1970 veröffentlichte Lied „Herr, deine Liebe“, das dem schwedischen Original „Guds kärlek är som stranden och som gräset” folgt, ist ein Beleg dafür. Ernst Hansen (1923-1993), der den Text aus dem Schwedischen übertragen hat, möchte ich zu Gute halten, dass er den schwedischen Text an dieser Stelle genauso übersetzt hat, wie er da stand. Das Wort „Rasse“ eingeschlossen.

Die Prägung durch NS-Sprache und Ideologie ist eine tiefgreifende, die bis heute tiefe Spuren in Denken und Sprechen zeitigt. Sicher wären wir damit weiter durch die Zeit gegangen, hätte nicht die Bewegung „Black lives matter“ (Schwarze Leben zählen) zu einem Nachdenken geführt, das nun auch vor dem Grundgesetz nicht Halt macht. Zu Recht. Weil Sprache und Worte Wirkung haben. Weil Sprache prägt. Einzelne wie ganze Gesellschaften. Ich finde es gut, wenn hier hinterfragt wird. Und sei es nur ein einzelnes Wort, das Wort „Rasse“, hinter dem doch eine Ideologie steht, die Gesellschaften kaputt macht. Immer wieder.

Und was nun tun mit dem schönen Lied? Genauer mit der vierten Strophe? Warum sich nicht die Freiheit nehmen und den Text umschreiben? Wo doch in diesem Lied so viel die Rede ist von der Freiheit, die Gott mir schenkt (welch‘ ein großes, schönes, wohltuendes Wort!). Ich habe da schon (m)eine Idee. Vielleicht wollen Sie sich auch mal versuchen? Und dieses schöne Lied weiter singen. Singen von der Liebe Gottes, die sich anfühlt wie Wind und Weite. Und von der Freiheit, die „gilt für Menschen, Völker, alle“. Ohne Rasse. Ohne Rassismus.

 

Pfarrerin Andrea Knauber, Evangelische Christusgemeinde Unter- und Obergrombach